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02.07.2009 | Auf den Schlauch gekommen
Zwei Jungunternehmer setzen auf umweltorientierte Produkte aus altem Recyclingmaterial.

Für die einen sind Fahrradschläuche Verschleisware, für andere fängt innovatives Buisness genau dort an, wo Gegenstände weggeworfen werden. Wo sich Fahrradschläuche türmen, sind auch Steve Henseler, 33, und Marc Lounis, 32, nicht weit. Die beiden kreativen Köpfe aus Biel, die mit «cubegrafik» vor nur zwei Jahren bereits erfolgreich eine eigene Webdesign- und Kommunikationsfirma auf die Beine gestellt haben, sind dem Recyclingmaterial «Veloschlauch» verfallen. «Ein unheimlich spannendes und kreatives Material. Es lässt sich so vielseitig verwenden», erklären die beiden. «Mittlerweile haben wir einen richtigen Stamm an Fahrradhändlern zusammen, bei denen wir die Schläuche einsammeln.»

Manufaktur. Zuerst war der Gürtel. Henseler und Lounis setzten in ihrer aus Alt-mach-Neu-Manufaktur als erstes auf ein modisches Accessoire in zwei verschiedenen Ausführungen. Fast alles ist handgemacht, nur die Schnallen wurden im Ausland produziert. Der Coup gelang, mittlerweile haben die beiden in Kürze über 700 Stücke produziert und verkauft. «Die Handarbeit in unserem Atelier ist ein wunderbarer Ausgleich zu unserer Kopfarbeit vor dem Bildschirm», erklären die beiden Jungunternehmer, die sich seit Kindesbeinen kennen und seit jeher eng befreundet sind. «Auch in unserer Freizeit sind wir oft dort und arbeiten. Das Recycling ist zu unserer zweiten Leidenschaft geworden.»
Logisch, dass es nicht beim Gürtel blieb. Mit einem Schlüsselanhänger, Schutzhüllen für USB-Sticks und I-Phones erweiterten die beiden ihre Produktepalette. Der Trend gefiel, auch grossen Firmen, die für Firmengeschenke gleich ganze Serien in Auftrag gaben. «Dafür waren unsere Hände aber zuwenig schnell. Wir mussten eine Teil der Produktion auslagern», so Lounis. Die beiden beauftragten den Verein Eingliederungsstätte für Behinderte (VEBO) in Grenchen. Henseler: «Damit unterstützt jeder Kunde von uns indirekt die Mitarbeiter der Stätte.»

Drahtesel. Mittlerweile haben die beiden auch das Recyclen von alten Drahteseln entdeckt. Zusammen mit einem Fahrradhändler hauchen die beiden alten Rennrädern, die sonst auf dem Schrotthaufen landen würden, wieder neues Leben ein. «Wir setzen die Räder komplett neu zusammen, ersetzen  Komponenten, wo nötig. Die Rahmen erhalten ein total neues Outfit von uns. Jedes der Fahrräder wird zum Unikat.»

Die kultigen Ideen von Henseler und Lounis kommen an. Mitte Mai wurden die aus Alt-mach-Neu-Designer am europäischen Designfestival 2009 in Zürich mit der Bronzemedaille ausgezeichnet. «Das haben wir nicht erwartet», sagt Henseler. «Das hat uns natürlich Antrieb gegeben und uns beflügelt.» Und schon wieder wurde in die Ideenkiste gegriffen: Als nächstes kommt ein Bastel-Kit für Gürtel aus Veloschläuchen auf den Markt.

Die Wirtschaftskrise haben die beiden Sympathieträger auch bei allem Erfolg nicht ausgeblendet. «Wir haben unser Unternehmen sorgfältig und auf verschiedenen Standbeinen aufgebaut. Uns ging es nie ums schnelle Geld.» Henseler sammelte während zehn Jahren als Grafiker und Webdesigner in den verschiedensten Agenturen Erfahrungen, Lounis, der studierte Betriebswirtschafter, ist noch heute als Projektleiter in der Uhrenindustrie tätig. «Dass wir äusserst bescheiden und ohne Auswärts-Finanzierung vorgegangen sind, hat sich bis heute ausbezahlt.» (Martina Ryser, BielBienne)

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